Musik
Bei ca. 3000 Liedern auf dem Player zwei Mal am Tag im Shuffle-Modus "Videotape".
23.11.2008, 19:20
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Es gibt kein Lied, das so wunderschön anfängt wie "Good Vibrations", egal ob in der Beach Boys oder Brian Wilson Version, das "I" gleich zu Anfang ist an Schönheit nicht zu übertreffen.
12.10.2008, 13:40
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Wie unglaublich kratzend kaputt das "law" von Dan Hoeckner in "Language City" bei 0:44 klingt.
12.10.2008, 13:27
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Diese unglaubliche unerwartete Erlösung und das Gefühl des Verdammtseins in Bohren & Der Club of Gores "Zeigefinger" bei 11:08.
29.09.2008, 21:22
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Esteja alerta para as regras dos três
O que você dá, retornará para você
Essa lição, você tem que aprender
Você só ganha o que você merece
Es ist zu spät, um eine Gegenwartsrezension zu schreiben, zu spät um vom genauen Bild der Gegenwartszeit des Hörens des "3"-Albums ein Positiv abzuziehen, so ist dieser zweite Teil auch gleichzeitig der dritte und letzte Teil der Rezension zum neuen Portishead-Album. Es ist auch das Eingeständnis meines eigenen Unvermögens, eine Rezension über ein so kräftiges und gleichzeitig minimalistisches Album zu schreiben. Es gab kein Album in der letzten Zeit, das einen so tiefen und gegenwärtigen Zeitabdruck in mir hinterlassen hat und ich vermute fast, dass dies für die Musiklandschaft ebenso gilt. Seit Radioheads "In Rainbows" gab es sicherlich kein grundlegenderes Abbild einer Verarbeitung laufender Prozesser gesellschaftlicher und lebensweltlicher Art, das in einem Album festgehalten wurde. Auf die Musik ist hier kaum einzugehen, weil ich das Gefühl habe, es ginge dann wieder in so einen schwammigen diffusen tropisch-warmen Sumpf aus Vermutungen, aus Adjektiven, die keinen interessieren und die keiner versteht, in Metaphern, die Grundschüler besser weil direkter verfassen könnten hinein.
Besser man weist auf das "abgeschnittene" Ende des ersten Tracks hin, der so etwas wie eine Ansage zum musikalischen Schaffen selbst ist. Der Versuch, sich selbst nicht zu sehr zu kopieren stand bei Portishead weit vorne, das war in der SPEX zu lesen, und das Ende von "Silence" beweist uns dies mit seinem abrupten Ende, das viele wahrscheinlich denken ließ, es wäre etwas mit der CD oder dem Download nicht in Ordnung. Aber dem war nicht so. Vielmehr verweist dieses Ende auf den Prozess-Charakter des Musikmachens, eine Arbeitsweise, die von einem ungesunden Perfektionismus Abstand nimmt und auch eine Verteidigung gegen den Druck ist, der auf Portishead lastete, wussten sie doch, dass alle auf sie schauen würden mit dem neuen Album. Natürlich ist dies schon bei dem Eingangssample zu hören, das nicht von einem unsauberen Rauschen "befreit" wurde.
Interessant fand ich es weiterhin, zu hören, dass auch Portishead durchaus musikalische Vorbilder haben, derer sie sich nicht schämen brauchen. Hatte man bei den beiden ersten Alben noch das Gefühl, es hätte niemals so etwas auf Platte gegeben bisher, so ist das dieses Mal nicht so. So klingt "We carry on" ein kleines bisschen wie "Take me baby" von Jimi Tenor, und "Deep water" ein kleines bisschen wie Pearl Jams "Soon forget". Aber Maßstäbe werden auf diesem Album trotzdem gesetzt. So kann man gleichzeitig Instrumente in ihrem Urpsrung wie auch in ihrer größten Verfremdung hören. Keine analoger Synthesizer klang jemals so nach analog und nach Synthesizer wie der am Ende von "Machine gun", dies ist der Inbegriff eines Sounds eines analogen Synthesizers. Aber niemals klang ein Saxophon so unsaxophonisch und organisch und menschlich wie das in "Magic doors", was sich wie ein Tier aus der Gefangenschaft befreit und in die Harmonie des Akkordes einfügt. In die Harmonie und Struktur fügen sich hier viele Lieder auf dem Album ein. Oftmals sind es keine schwierigen Akkordfolgen oder Songstrukturen, aber inhaltlich, was immer das auch heißen mag, besitzen sie Tiefe. Dies möge die schwammigste Aussage dieser Rezension bleiben, aber ich kenne kein Album, das so wie "3" auf die Bedingungen seiner Entstehung hinweist (und damit ganz nebenbei zeitlos wird) und trotzdem so unangreifbar bleibt. Mit großem Pomp und großen Effekten und Tricks wird oft versucht aus wenig viel zu machen. Nicht, dass Portishead diese Effekte oder Tricks weglassen. Effektgeräte und Synthesizer sind Trickerzeuger, Verfremder und Blender, aber bei der Aufdeckung dieser Tricks bleibt oftmals von einem Album nichts übrig. Hier aber wird unter dem Glanz das Matte aufgedeckt, was in seiner Schönheit weil Echtheit nicht weniger schön ist als das Schönste der Welt.
Es ist für mich leider auch hier kaum möglich, etwas Bereicherendes zu sagen, ich habe den Fehler gemacht, mit diesem Album eine geographische Lage zu verbinden, die schwer aus meinem Gedächtnis zu bekommen ist, aber wie ich das vermute, beinhaltet das Album so viel Potenzial, all das auszulöschen und universell zu werden. Und trotz der ganzen Verzerrung (die auf diesem Album übrigens im Gegensatz zu früher sehr verschwenderisch aber wohlüberlegt eingesetzt wird) und des Halls bleibt ein klares Bild zurück. Und Eindrücke großer musikalischer Ideen wie der dieser niesenden Ausrufe in das Bandecho am Ende von "Threads". Hier sah ich den Dialog eines selbstbestimmten Mädchens und ihres Vaters vor mir, die Unverständlichkeit dieser autoritären Ausrufe gegen die klaren Worte der Frau. Gleichzeitig sah ich das verwirrte Aufbäumen eines aus der Trunken- und Benommenheit des eigenen Lebens erwachenden Mannes vor mir, der sich nun lautstark in die Gegenwart zurückmeldet. Kein Album in der letzten Zeit, das so klare und gleichzeitig weit in die Ferne weisende Bilder produziert und projiziert. "3" ist seiner Zeit weit voraus, auch seiner musikalischen Umgebung weit voraus und vom Pop uneinholbar und unsichtbar weit entfernt. Zuerst wollte ich der SPEX recht geben, die geschrieben hatte, das Album sei eingängig, was in Bezug auf die Songstrukturen und Akkordfolgen auch zutrifft, aber als ich dann in einem Auto saß, mit zwei Menschen, die ich vorher nie getroffen hatte und mit denen ich eine Fahrt teilen würde und einer der Mitfahrer mich bat, "3" anzumachen und die ersten Töne erklangen, da wusste ich: dies ist nichts für Pop-Ohren, die ist nichts für radiogetrimmte Hörgewohnheiten, dies ist nicht, über was man einfach hinweghören könnte, dies ist ein Strudel, ein Sog.
Mit dem neuen Portishead-Album "3" verändert sich das Leben nicht, es gewinnt an erheblicher Tiefenschärfe. Als ich mit 15 meine erste eigene Brille aufsetzte, war ich erstaunt über die Schärfe der Blätter, die ich am Baum neben dem Optiker sah. Als ich vor ein paar Wochen das erste Mal "3" hörte, war ich erstaunt über die (vermeintliche) Zugänglichkeit der Songs. Aber das lag nur an dem Gedankengebilde, das sich in meinem Denken aufgebaut hatte - ich verwies in der Vorab-Rezension darauf. Um noch einmal darauf zurückzukommen: beide Musikzeitschriften haben irgendwie Recht und auch Unrecht. Dieses Wischiwaschi wird dem Portishead-Album nicht gerecht. Wie habe ich nur über dem Anfang dieser Rezension gebrütet und brüte ich noch. Fast lösche ich alles wieder und schreibe gar nichts, keinen Satz. Breche diese Reihe ab. Aber ich will nicht scheitern.
Schrift und Sprache werden allerdings kaum dem gerecht, was "3" alles beinhaltet. Je nach Bewertungssystem wäre dieses Album eine 3, eine 5, eine 10, eine 12. Was eine Höchstbewertung eben so hergeben kann. Man kann als Rezensent mit vielen Promos im Monat schnell mal in den Modus gelangen, keine Ausnahmen mehr zu erkennen. Dieses Album stellt jedoch eine große Ausnahme dar. Pop-Musik setzte Freiheit frei und die war wichtiges Element, immer wieder, immer neu. "Müssen" musste das neue Portishead-Album nichts. Ein Pop-Album muss gar nichts. Viel großartiger ist dann, wenn es über seine Grenzen hinauswächst. Die Bedingungen der Instrumente. Die Bedingungen der Aufnahme.
O que você dá, retornará para você
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Você só ganha o que você merece
Es ist zu spät, um eine Gegenwartsrezension zu schreiben, zu spät um vom genauen Bild der Gegenwartszeit des Hörens des "3"-Albums ein Positiv abzuziehen, so ist dieser zweite Teil auch gleichzeitig der dritte und letzte Teil der Rezension zum neuen Portishead-Album. Es ist auch das Eingeständnis meines eigenen Unvermögens, eine Rezension über ein so kräftiges und gleichzeitig minimalistisches Album zu schreiben. Es gab kein Album in der letzten Zeit, das einen so tiefen und gegenwärtigen Zeitabdruck in mir hinterlassen hat und ich vermute fast, dass dies für die Musiklandschaft ebenso gilt. Seit Radioheads "In Rainbows" gab es sicherlich kein grundlegenderes Abbild einer Verarbeitung laufender Prozesser gesellschaftlicher und lebensweltlicher Art, das in einem Album festgehalten wurde. Auf die Musik ist hier kaum einzugehen, weil ich das Gefühl habe, es ginge dann wieder in so einen schwammigen diffusen tropisch-warmen Sumpf aus Vermutungen, aus Adjektiven, die keinen interessieren und die keiner versteht, in Metaphern, die Grundschüler besser weil direkter verfassen könnten hinein.
Besser man weist auf das "abgeschnittene" Ende des ersten Tracks hin, der so etwas wie eine Ansage zum musikalischen Schaffen selbst ist. Der Versuch, sich selbst nicht zu sehr zu kopieren stand bei Portishead weit vorne, das war in der SPEX zu lesen, und das Ende von "Silence" beweist uns dies mit seinem abrupten Ende, das viele wahrscheinlich denken ließ, es wäre etwas mit der CD oder dem Download nicht in Ordnung. Aber dem war nicht so. Vielmehr verweist dieses Ende auf den Prozess-Charakter des Musikmachens, eine Arbeitsweise, die von einem ungesunden Perfektionismus Abstand nimmt und auch eine Verteidigung gegen den Druck ist, der auf Portishead lastete, wussten sie doch, dass alle auf sie schauen würden mit dem neuen Album. Natürlich ist dies schon bei dem Eingangssample zu hören, das nicht von einem unsauberen Rauschen "befreit" wurde.
Interessant fand ich es weiterhin, zu hören, dass auch Portishead durchaus musikalische Vorbilder haben, derer sie sich nicht schämen brauchen. Hatte man bei den beiden ersten Alben noch das Gefühl, es hätte niemals so etwas auf Platte gegeben bisher, so ist das dieses Mal nicht so. So klingt "We carry on" ein kleines bisschen wie "Take me baby" von Jimi Tenor, und "Deep water" ein kleines bisschen wie Pearl Jams "Soon forget". Aber Maßstäbe werden auf diesem Album trotzdem gesetzt. So kann man gleichzeitig Instrumente in ihrem Urpsrung wie auch in ihrer größten Verfremdung hören. Keine analoger Synthesizer klang jemals so nach analog und nach Synthesizer wie der am Ende von "Machine gun", dies ist der Inbegriff eines Sounds eines analogen Synthesizers. Aber niemals klang ein Saxophon so unsaxophonisch und organisch und menschlich wie das in "Magic doors", was sich wie ein Tier aus der Gefangenschaft befreit und in die Harmonie des Akkordes einfügt. In die Harmonie und Struktur fügen sich hier viele Lieder auf dem Album ein. Oftmals sind es keine schwierigen Akkordfolgen oder Songstrukturen, aber inhaltlich, was immer das auch heißen mag, besitzen sie Tiefe. Dies möge die schwammigste Aussage dieser Rezension bleiben, aber ich kenne kein Album, das so wie "3" auf die Bedingungen seiner Entstehung hinweist (und damit ganz nebenbei zeitlos wird) und trotzdem so unangreifbar bleibt. Mit großem Pomp und großen Effekten und Tricks wird oft versucht aus wenig viel zu machen. Nicht, dass Portishead diese Effekte oder Tricks weglassen. Effektgeräte und Synthesizer sind Trickerzeuger, Verfremder und Blender, aber bei der Aufdeckung dieser Tricks bleibt oftmals von einem Album nichts übrig. Hier aber wird unter dem Glanz das Matte aufgedeckt, was in seiner Schönheit weil Echtheit nicht weniger schön ist als das Schönste der Welt.
Es ist für mich leider auch hier kaum möglich, etwas Bereicherendes zu sagen, ich habe den Fehler gemacht, mit diesem Album eine geographische Lage zu verbinden, die schwer aus meinem Gedächtnis zu bekommen ist, aber wie ich das vermute, beinhaltet das Album so viel Potenzial, all das auszulöschen und universell zu werden. Und trotz der ganzen Verzerrung (die auf diesem Album übrigens im Gegensatz zu früher sehr verschwenderisch aber wohlüberlegt eingesetzt wird) und des Halls bleibt ein klares Bild zurück. Und Eindrücke großer musikalischer Ideen wie der dieser niesenden Ausrufe in das Bandecho am Ende von "Threads". Hier sah ich den Dialog eines selbstbestimmten Mädchens und ihres Vaters vor mir, die Unverständlichkeit dieser autoritären Ausrufe gegen die klaren Worte der Frau. Gleichzeitig sah ich das verwirrte Aufbäumen eines aus der Trunken- und Benommenheit des eigenen Lebens erwachenden Mannes vor mir, der sich nun lautstark in die Gegenwart zurückmeldet. Kein Album in der letzten Zeit, das so klare und gleichzeitig weit in die Ferne weisende Bilder produziert und projiziert. "3" ist seiner Zeit weit voraus, auch seiner musikalischen Umgebung weit voraus und vom Pop uneinholbar und unsichtbar weit entfernt. Zuerst wollte ich der SPEX recht geben, die geschrieben hatte, das Album sei eingängig, was in Bezug auf die Songstrukturen und Akkordfolgen auch zutrifft, aber als ich dann in einem Auto saß, mit zwei Menschen, die ich vorher nie getroffen hatte und mit denen ich eine Fahrt teilen würde und einer der Mitfahrer mich bat, "3" anzumachen und die ersten Töne erklangen, da wusste ich: dies ist nichts für Pop-Ohren, die ist nichts für radiogetrimmte Hörgewohnheiten, dies ist nicht, über was man einfach hinweghören könnte, dies ist ein Strudel, ein Sog.
Schrift und Sprache werden allerdings kaum dem gerecht, was "3" alles beinhaltet. Je nach Bewertungssystem wäre dieses Album eine 3, eine 5, eine 10, eine 12. Was eine Höchstbewertung eben so hergeben kann. Man kann als Rezensent mit vielen Promos im Monat schnell mal in den Modus gelangen, keine Ausnahmen mehr zu erkennen. Dieses Album stellt jedoch eine große Ausnahme dar. Pop-Musik setzte Freiheit frei und die war wichtiges Element, immer wieder, immer neu. "Müssen" musste das neue Portishead-Album nichts. Ein Pop-Album muss gar nichts. Viel großartiger ist dann, wenn es über seine Grenzen hinauswächst. Die Bedingungen der Instrumente. Die Bedingungen der Aufnahme.
19.09.2008, 16:28
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Am 1. Weihnachtstag 1991 stand ich mit einer selbstgebastelten Gitarre aus einer Gardinenstange und Pappe in meinem Zimmer vor einem selbstgebastelten Mikro und spielte das "schwarze Album" von Metallica von vorne bis hinten mit. Wahlweise hatte ich auch zwei leere Plastikflaschen in der Hand, saß auf meinem Bett und imitierte das Schlagzeug. Letzteres mache ich immer noch, nur ohne Flaschen. Metallica waren damals so eine Art harte Arbeit. Spielte man bei der Musik mit, durch Bangen, Moshen, Luftgitarre oder -schlagzeug spielen, war man hinterher richtig erschöpft und verschwitzt und fühlte sich gut. Man fühlte sich, als hätte man eine Aufgabe mit Erfolg erledigt. Als ich im Spätsommer 1992 auf der Geburtstagsparty einer Klassenkameradin zum ersten Mal so richtig betrunken war, führte ich mit dem Freund dieser Klassenkameradin ein Streitgespräch darüber, wer nun besser sei: AC/DC oder Metallica. Ich stand auf der Metallica-Seite und habe aber leider keinen Schimmer mehr, welche Argumente ich zur Unterstützung meiner These anführte. Auch an die Argumente meines Gegenübers kann ich mich nicht mehr erinnern. Im Winter desselben Jahres fuhr ich mit dem Fahrrad ca. 17 km weit, um mir von dem besagten Freund dieser Klassenkameradin die beiden ersten Metallica-Alben "Kill 'em all" und "Ride The Lightning" auszuleihen. Ich hätte einfach bis zum nächsten Morgen warten können, dann hätte sie sie mir in die Schule mitgebracht, aber dann hätte ich ca. 20 Stunden länger warten müssen. Und im Winter 1992 gab es absolut keine andere Möglichkeit an Musik heranzukommen. Es war arschkalt und ich weiß noch genau, wie ich am Abend im Zimmer meines Bruders saß und mir beide Alben auf Kassette überspielte, um sie am nächsten Tag schon in der Schule auf dem Walkman hören zu können. Parallel liefen damals bei mir die beiden Musikrichtungen Grunge und Metal nebenher, ich sog beides in mich auf. In der Schule hielt ich irgendwann im Musikunterricht ein Referat über Metallica, erzählte alles über die bis dato vorhandenen 5 Alben und zeigte das von MTV auf VHS aufgenommene Musikvideo zu "Wherever I May Roam". Ich hing Poster von Metallica bei mir im Zimmer auf, noch und nöcher. Ich wusste alles über Metallica, ich konnte die Lyrics der Songs auswendig, ich wusste wie lang die einzelnen Titel gingen, die Reihenfolge der Songs auf den Alben sowieso, ich wusste sogar wann James, Lars, Kirk und Jason Geburtstag hatten. MTV lieferte ordentlich Live-Material, Berichte und Specials über die Guns'N'Metallica-Tour und die Musikvideos rauf und runter. Alle Musikzeitschriften druckten haufenweise Berichte und stand mal einen Monat nichts über Metallica in der Rock Hard oder dem Metal Hammer, gab es Sonderhefte mit Postern. So viel Metallica ich auch hörte, ich konnte nicht genug bekommen. Hätte es damals schon Last.FM gegeben, Metallica könnte ich kaum einholen, obwohl Nirvana wahrscheinlich mit ihnen zusammen auf Platz 1 ständen. Mit dem schwarzen Album war es dann aber eigentlich auch vorbei. Man eiferte sozusagen in der Diskografie rückwärts bis "Kill 'em all". Dann hörte man noch Bootlegs der aktuellen - wie man heute weiß selbstzerstörerischen - Tour und ansonsten die alten Alben.
Bis am 21. Mai 1996 die Single "Until it sleeps" veröffentlicht und damit der Untergang Metallicas eingeläutet wurde. So war die einhellige Meinung unter Freunden. Man hatte sich in der Zwischenzeit den verschiedensten Genres wie Crossover, Black Metal, Grunge, Alternative- und Indie-Rock zugewandt, zwischendurch aber immer wieder eine Metallica-Phase gehabt. Wie ich in der Vorab-Rezension beschrieben habe, hatten sich die Konturen und Texturen der ersten fünf Alben (die meisten würden aber besonders "Master of Puppets" und "... And Justice for all" nennen) tief in das Gedächtnis eingegraben. Man war dadurch so geprägt worden, dass man das nicht mehr herausbekommt. Viele Metallica-Fans von früher, die jetzt ein Leben führen, das nichts mehr mit Musik zu tun hat, fangen an zu reden, wenn sie betrunken sind. Darüber, wie geil Metallica waren und wie geil die Zeit war, in der man sie gehört hat. Ich selbst kann so wenig über Metallica eine vernünftige objektive Rezension schreiben, wie ich als Chef einen Freund bei einem Vorstellungsgespräch objektiv behandeln könnte. Metallica ist untrennbar mit den wichtigen musiksozialisierenden Jahren meines Lebens verbunden und niemals wird ein folgendes Album den Status erreichen, den die ersten 5 Alben erreicht haben. Wie also eine Entwicklung beschreiben, bei der es einen emotionalen Bruch ab dem 6. Album gibt? Es scheint ja allerdings so zu sein, dass Hunderttausende diesen Bruch teilen. Man liest wirklich haarsträubende Urteile über das neue Album. Zur Probe habe ich bei Google "Death Magnetic sounds like" eingegeben und die fantastischsten Vergleiche gelesen. Ab dem 6. Album waren Metallica für viele endgültig zu Marionetten der Musikindustrie geworden, viel dazu trug das Video zu "Until it sleeps" bei und auch die Fotos, die in "Load" zu sehen waren. Lars mit so einer Art Fellstola? Kirk mit Zigarre? Das war nicht mehr pur, das waren Metallica mit einem guten Schuss Dekadenz und Falschheit, Unehrlichkeit und Show. Und das Album klang lasch und pointless.
"St. Anger" wartete dann zum ersten Mal mit einer Art Rückkehr auf. Aber auch da war das einzig Eindrucksvolle dieser groteske Snare-Sound.
Wie "Death Magnetic" nun klingt ist eigentlich nicht schwer zu sagen. Es klingt meines Erachtens wie eine Mischung aus "Load"/"Re-Load" und "St. Anger". Der Sound ist extrem glatt und regelmäßig abgemischt, gemastert wurde das Album wie alle Blockbuster-Alben der Gegenwart, so dass alles gleich laut und dadurch ziemlich laut wirkt. Der Produktion kann ich keine positive Entwicklung abgewinnen. Auf "Death Magnetic" gibt es keine Rückkehr zu den alten Alben. Diese kleinen Erinnerungen sind so versprengt und selten, dass sie eigentlich gar nicht da sind. Mit "That was just your Life" fängt das Album ja auch sehr gut an, da klingt das Riff wirklich nach Metal, wird aber durch das ins Nirgendwo führende "The End of the Line" schon wieder entkräftet. "Broken Beat and Scarred" ist einfach nur laut, soll laut sein und hart und ist es einfach nicht. "The day that never comes" ist der einzige Song, der wirklich ein bisschen an früher erinnert, aber bei der Erinnerung bleibt es auch. "All Nightmare long" und "Cyanide" sind rückstandlose Lückenfüller, "The Unforgiven III" hat ein bisschen Sinn, "The Judas Kiss" ist wiederum vertontes Metal-Nichts, "Suicide and Redemption" klingt wie kein gewollter Instrumental-Track sondern wie einer bei dem man die Vocals vergessen oder gestrichen hat und "My Apocalypse" treibt dann endlich noch einmal mit Tempo und vertrackteren Strukturen ein bisschen voran.
Das alles bleiben leere subjektive Beschreibungen. Über dieses Album wird es so viele verschiedene Meinungen geben wie es Metallica-Fans gibt und die nun durch das Internet jeder lesen kann. Jeder hat so eine Geschichte über seine Metallica-Vergangenheit zu erzählen, wie ich es habe. Ich reihe mich ein in eine Menge von Metallica-Fans, die auf die alten Alben schwören und seit "Load" nichts mehr mit Metallica anzufangen wissen. Es finden sich sicherlich bessere Beschreibungen der Änderungen in Metallicas Songwriting als meine, aber was würde ich antworten, wenn man mich fragt, wohin sich Metallica geändert haben? Ich würde sagen: ihre Riffs klingen wie Rockriffs, sie sind weniger komplex und verspielt, sie sind straighter und dadurch stupider, sie haben hier und da gute Melodiebögen, aber die sind im Gegensatz zu früher so selten geworden, dass man das Suchen beim Hören satt hat. Man muss sich an einem Haufen sinnloser simpler Riffs vorbeiarbeiten. Damit sind wir wieder beim Anfang angekommen. Die Aufgabe, das Durcharbeiten, das Durchhalten der Songs, der sägende und sich eingrabende Sound ist bei Metallica einem Durchstehen gewichen, einem aus dem Treibsand herauskämpfen, einem modernen feigen Einheitsbreisound, einem digitalen Profistudiosound, Metallicas Songs sind Songs aus der Retorte, sie sind die Kopie einer Vorstellung von Metallica. Sie sind einfach und einfältig und eintönig, sie sind wie Metal-Punk-Rock. Und sie werden auch nie nie wieder da rauskommen, sie kommen nicht wieder an den Punkt, an dem sie vor 20 Jahren waren. Man muss einmal beachten, welche Entwicklung Metallica von "Kill 'em all" zu "... And Justice for all" gemacht haben. Da liegen Welten dazwischen. Aber zwischen dem "schwarzen Album" und "Death Magnetic" sieht man Metallica nur im Kreis laufen. Trotzdem ist es gut zu fühlen, dass sich die Erinnerungen an den Eindruck der alten Alben einfach nicht töten lässt. Jetzt habe ich "Death Magnetic" gehört und nichts wird zurückbleiben, weil man einfach daran abprallt. Aber "Kill 'em all", "Ride the Lightning", "Master of Puppets", "... And Justice for all" und das "schwarze Album" in Teilen kann mir niemand mehr nehmen, auch keine Metallica-Leiche.
Bis am 21. Mai 1996 die Single "Until it sleeps" veröffentlicht und damit der Untergang Metallicas eingeläutet wurde. So war die einhellige Meinung unter Freunden. Man hatte sich in der Zwischenzeit den verschiedensten Genres wie Crossover, Black Metal, Grunge, Alternative- und Indie-Rock zugewandt, zwischendurch aber immer wieder eine Metallica-Phase gehabt. Wie ich in der Vorab-Rezension beschrieben habe, hatten sich die Konturen und Texturen der ersten fünf Alben (die meisten würden aber besonders "Master of Puppets" und "... And Justice for all" nennen) tief in das Gedächtnis eingegraben. Man war dadurch so geprägt worden, dass man das nicht mehr herausbekommt. Viele Metallica-Fans von früher, die jetzt ein Leben führen, das nichts mehr mit Musik zu tun hat, fangen an zu reden, wenn sie betrunken sind. Darüber, wie geil Metallica waren und wie geil die Zeit war, in der man sie gehört hat. Ich selbst kann so wenig über Metallica eine vernünftige objektive Rezension schreiben, wie ich als Chef einen Freund bei einem Vorstellungsgespräch objektiv behandeln könnte. Metallica ist untrennbar mit den wichtigen musiksozialisierenden Jahren meines Lebens verbunden und niemals wird ein folgendes Album den Status erreichen, den die ersten 5 Alben erreicht haben. Wie also eine Entwicklung beschreiben, bei der es einen emotionalen Bruch ab dem 6. Album gibt? Es scheint ja allerdings so zu sein, dass Hunderttausende diesen Bruch teilen. Man liest wirklich haarsträubende Urteile über das neue Album. Zur Probe habe ich bei Google "Death Magnetic sounds like" eingegeben und die fantastischsten Vergleiche gelesen. Ab dem 6. Album waren Metallica für viele endgültig zu Marionetten der Musikindustrie geworden, viel dazu trug das Video zu "Until it sleeps" bei und auch die Fotos, die in "Load" zu sehen waren. Lars mit so einer Art Fellstola? Kirk mit Zigarre? Das war nicht mehr pur, das waren Metallica mit einem guten Schuss Dekadenz und Falschheit, Unehrlichkeit und Show. Und das Album klang lasch und pointless.
"St. Anger" wartete dann zum ersten Mal mit einer Art Rückkehr auf. Aber auch da war das einzig Eindrucksvolle dieser groteske Snare-Sound.
Wie "Death Magnetic" nun klingt ist eigentlich nicht schwer zu sagen. Es klingt meines Erachtens wie eine Mischung aus "Load"/"Re-Load" und "St. Anger". Der Sound ist extrem glatt und regelmäßig abgemischt, gemastert wurde das Album wie alle Blockbuster-Alben der Gegenwart, so dass alles gleich laut und dadurch ziemlich laut wirkt. Der Produktion kann ich keine positive Entwicklung abgewinnen. Auf "Death Magnetic" gibt es keine Rückkehr zu den alten Alben. Diese kleinen Erinnerungen sind so versprengt und selten, dass sie eigentlich gar nicht da sind. Mit "That was just your Life" fängt das Album ja auch sehr gut an, da klingt das Riff wirklich nach Metal, wird aber durch das ins Nirgendwo führende "The End of the Line" schon wieder entkräftet. "Broken Beat and Scarred" ist einfach nur laut, soll laut sein und hart und ist es einfach nicht. "The day that never comes" ist der einzige Song, der wirklich ein bisschen an früher erinnert, aber bei der Erinnerung bleibt es auch. "All Nightmare long" und "Cyanide" sind rückstandlose Lückenfüller, "The Unforgiven III" hat ein bisschen Sinn, "The Judas Kiss" ist wiederum vertontes Metal-Nichts, "Suicide and Redemption" klingt wie kein gewollter Instrumental-Track sondern wie einer bei dem man die Vocals vergessen oder gestrichen hat und "My Apocalypse" treibt dann endlich noch einmal mit Tempo und vertrackteren Strukturen ein bisschen voran.
Das alles bleiben leere subjektive Beschreibungen. Über dieses Album wird es so viele verschiedene Meinungen geben wie es Metallica-Fans gibt und die nun durch das Internet jeder lesen kann. Jeder hat so eine Geschichte über seine Metallica-Vergangenheit zu erzählen, wie ich es habe. Ich reihe mich ein in eine Menge von Metallica-Fans, die auf die alten Alben schwören und seit "Load" nichts mehr mit Metallica anzufangen wissen. Es finden sich sicherlich bessere Beschreibungen der Änderungen in Metallicas Songwriting als meine, aber was würde ich antworten, wenn man mich fragt, wohin sich Metallica geändert haben? Ich würde sagen: ihre Riffs klingen wie Rockriffs, sie sind weniger komplex und verspielt, sie sind straighter und dadurch stupider, sie haben hier und da gute Melodiebögen, aber die sind im Gegensatz zu früher so selten geworden, dass man das Suchen beim Hören satt hat. Man muss sich an einem Haufen sinnloser simpler Riffs vorbeiarbeiten. Damit sind wir wieder beim Anfang angekommen. Die Aufgabe, das Durcharbeiten, das Durchhalten der Songs, der sägende und sich eingrabende Sound ist bei Metallica einem Durchstehen gewichen, einem aus dem Treibsand herauskämpfen, einem modernen feigen Einheitsbreisound, einem digitalen Profistudiosound, Metallicas Songs sind Songs aus der Retorte, sie sind die Kopie einer Vorstellung von Metallica. Sie sind einfach und einfältig und eintönig, sie sind wie Metal-Punk-Rock. Und sie werden auch nie nie wieder da rauskommen, sie kommen nicht wieder an den Punkt, an dem sie vor 20 Jahren waren. Man muss einmal beachten, welche Entwicklung Metallica von "Kill 'em all" zu "... And Justice for all" gemacht haben. Da liegen Welten dazwischen. Aber zwischen dem "schwarzen Album" und "Death Magnetic" sieht man Metallica nur im Kreis laufen. Trotzdem ist es gut zu fühlen, dass sich die Erinnerungen an den Eindruck der alten Alben einfach nicht töten lässt. Jetzt habe ich "Death Magnetic" gehört und nichts wird zurückbleiben, weil man einfach daran abprallt. Aber "Kill 'em all", "Ride the Lightning", "Master of Puppets", "... And Justice for all" und das "schwarze Album" in Teilen kann mir niemand mehr nehmen, auch keine Metallica-Leiche.
12.09.2008, 20:54
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Entweder ich habe es verlernt Tabs zu lesen, oder die Tabs für die Lieder "Dyer's Eve" und "Frayed Ends Of Sanity" von Metallica sind im Internet falsch abgedruckt. Es gibt in beiden Songs jeweils Akkordfolgen, bei denen einmal ein F# auf ein G folgt und einmal ein E auf ein B. Dabei sind sowohl das F# als auch das E in der Oktave über dem vorher gespielten Akkord (ich hoffe, ich habe das richtig formuliert). Das macht diese Akkordfolge so außergewöhnlich gut und einprägend. Bei der Recherche nach diesen Akkorden stoße ich auf Tabs, bei denen aber das F# und das E jeweils unterhalb in der Oktave des vorher gespielten Akkords liegen. Ich verstehe nicht, wie das zu überhören ist, das lässt doch gerade die Songs so gut klingen, wie sowieso das ganze ...And Justice For All - Album gut klingt. Für Metallica gibt es kein Zurück zu diesem Sound und auch nicht zu dem Songwriting der damaligen Zeit. Die ...And Justice For All - Songs sind wie Matheaufgaben, komplizierte aber makellose Metal-Rechnungen, die sich deshalb so tief ins Gedächtnis einprägen, weil sie Konturen und Texturen besitzen. Folgende Alben waren wie Zuckerwatte, vor allem Load und Reload, St. Anger dann (vor allem wegen der knallenden Mülltonnendeckel-Snare) eine kleine Rückkehr zumindest zur Energie vergangener Tage. Die Riffs blieben aber eher (hard)rockig bzw. wurden nu-metallig. Immerhin haben Metallica mit "Some kind of monster" ein Metal-Tabu gebrochen, das des starken Mannes, der alles erst selbst in die Hand nehmen und es sich dann so zurechtrücken kann, wie er will. James Hetfield konnte das nicht und so kam eine Therapie ins Spiel, die eingefahrene Strukturen offenlegte und für James Hetfield heilsam war, für die Band aber eigentlich noch mehr explosive Atmosphäre erzeugte. Ein Freund meinte zuletzt, Metallica würden jetzt Songwriter-Metal machen und meinte damit wohl, Songwriter würden eher empathische Songs schreiben und das müsste ja jetzt dabei herauskommen, wenn man in einer Therapie war, aber James Hetfields Aussehen nach zu urteilen, bewegt er sich immer noch in der Metal-Ikonographie, von außen sieht also alles erst einmal nach einem eventuell guten Album aus.
06.09.2008, 23:17
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Es ist schön zu sehen, dass sich Puzzleteile zusammenfügen, dort wo sich beide Teile eigentlich abstoßen würden. Hier fügen sich der Tanzstil in alternativen Diskos und der Michael Jacksons im Musikvideo zu "Don't stop 'til you get enough" zusammen. Gedreht von Nick Saxton hatte der Tanzschritt, den man im Video ( http://www.youtube.com/watch?v=4_hz2am90Hk ) bei 1:23 min. sieht, anscheinend einen enormen Einfluss auf einen ganzen Tanz in der alternativen Szene. Mit leicht gespreizten Beinen steht man auf der Tanzfläche, wippt leicht in der Kniebeuge und winkelt abwechselnd das linke und das rechte Bein im Knie bis max. 90° an. Bei Michael Jackson ist es mehr ein reines Anheben des Beins vom Boden, in der alternativen Szene wird mit dem Fuß beim Anheben mehr über den Boden gewischt, so dass es manchmal wie ein Weglaufen auf der Stelle aussieht. Dabei lässt man die Arme mit zu defensiven Fäusten geballten Händen leicht gebeugt an der Seite schlackern oder bewegt sie leicht wie beim Gehen. In zwei Ausprägungen hat sich dieser Tanz weiterentwickelt; einmal zum stakenden, leicht gelähmt wirkenden Tanz wie man ihn bei Ian Curtis von Joy Division beobachten konnte, mit übertriebenden Armbewegungen und wankend-torkelndem Gang wie bei Frankenstein und einmal das capoeira-artige Tanzen, das man heute bei vielen Jugendlichen sieht, die zu Core tanzen.
30.08.2008, 10:56
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Niemals oder selten sollte man sich in seiner Entscheidung ein Album zu kaufen, von einer Rezension leiten lassen. Zu wissen, wie und warum ein Rezensent über ein Album (oder in anderen Fällen über Filme, Theaterstücke und Bücher) schreibt, lässt mich anderen Rezensionen gegenüber wenig Vertrauen entwickeln. Es erscheint mir doch so zu sein, dass das Belegbare sich am Rande aufhält, das Minimum beschreibt, der Großteil sind Gedanken beim Aus-dem-Fenster-Schauen. Und das ist auch gut so. Da ich die Rezensenten aber nicht kenne, kann ich nicht sagen, ob ich Gedanken mit diesem Menschen teile oder teilen möchte. Ich lerne diesen Menschen dann kennen, wenn ich mehrere Rezensionen von ihm gelesen habe, und dann fühle ich plötzlich: der denkt genauso wie ich.
Voller Widersprüche sind diese Worte und voller Widersprüche sind auch die Empfindungen Musik betreffend. Ich spüre sehr oft, ich "muss" etwas schreiben. Ich "muss" eine Rezension über dies oder jenes Album schreiben. In ganz speziellen Fällen verwehren sich jede Worte. Thom Yorkes "The Eraser" ist so eins und wird es wohl auch bleiben. Meistens wird der Rahmen, den ich aufmachen möchte, so groß, dass ich es nicht schaffe; ich breche beim Aufstieg zusammen. Bei der Portishead-Rezension scheint es mir so zu gehen (auch bei "There will be blood"). Aber bei “Með Suð Í Eyrum Við spilum Endalaust” geht es mir nicht so. Es gibt hier keine Berge mehr zu erklimmen, keine Abenteuer mehr zu erleben oder auch keine Sehenswürdigkeiten zu bestaunen. Was die Single "Gobbeldigook" versprach, kann das Album nicht annähernd halten. "Gobbeldigook" war das Land-in-Sicht, nachdem Sigur Rós sich auf den Gewässern der schwebenden Strukturen verloren hatten. Aber das Album holt den Hörer zurück. Ich kam am Anfang deshalb auf die Rezensenten zu sprechen, weil ich so viel Verschiedenes gelesen habe. Spielfreude las ich und höre selbst aber so eine Art vollendetes Schweben, eine endgültige Statik, wo gar nicht mehr gespielt wird sondern nur noch sein gelassen wird. Sigur Rós haben Angst vor ihren Instrumenten und auch vor ihrem Talent bekommen. Statt dessen verlassen sie sich auf die Dinge, die sie - durch die Musik kommend - umgeben. Ihre Studios, Studios überhaupt, Tourneen. Eine Distanz zu all dem wollten sie durch "Heima" beschreiben, beschreiben aber doch nur, dass sie nicht davon los kommen. Sie hatten genug von den großen Tourneen und wollten im Kleinen in ihrer Heimat touren. Aber diese Distanz ist noch nicht geschaffen. Man kann sie nicht herstellen, in dem man wieder etwas Neues (Album, Film) erschafft. In dem Moment, in dem die Band über die Distanz redet, ist sie noch nicht da, ist man immer noch nahe dran. Nach "( )" war es einfach mit dem unbeschwerten Musikmachen vorbei, und das kann man hören und spüren.
Zum neuen Album war auf der Webseite zu lesen:
"inspired by the unfettered feeling of the acoustic performances filmed during heima, sigur rós decided to adopt a looser approach in the writing and creation of með suð. the material for the album was written, recorded and mixed entirely in 2008 and is being released just one month after its completion. the album glows with the perfect imperfection of live takes, the sounds of fingers playing guitar strings, cracked notes, and a stark, upfront presence not found in previous sigur rós recordings, moving away from reverb-soaked guitar sounds towards something altogether more affecting. the record also contains some of the most joyous music the band has ever recorded."
http://www.sigur-ros.co.uk/band/disco/medsud.php
Es ist bezeichnend, diese Worte voraus zu schicken. Man möchte der Kritik vorausgreifen, die vielleicht auf Sigur Rós eingehen würde. Es wird darüber geschrieben, wie echt und wodurch echt die neuen Songs echt und gut klingen. Als könnte man es nicht hören. Und das kann man leider auch nicht. Was im obigen Text beschrieben wird, kann man bei "Gobbeldigook" oder bei "Ilgresi" hören, vielleicht auch bei "Inni Mer Syngur Vitleysyngur". Die beiden Monstren "Festival" und "Ara Batur" spülen aber all dies wieder hinfort. Auch "Godan Daginn" und "Sud I Eyrum" tun ihr übriges. Diese vier Songs könnten Outtakes der "Takk"-Sessions sein. Gleiche Sounds, gleich Singlaute immer wieder gleiche Rhythmen, immer wieder gleiche Soundräume.
Zumindest könnte man Sigur Rós ein Bewusstsein ihrer Transzendenz gutschreiben. "Festival" endet mit der in einer niedrigen Kilohertzzahl gepfiffenen Melodie des Songs, das Skelett des Liedes, das sich so schön anhört, vorher aber von einer riesigen "Zuckerwatte"* eingewattet wird. Sigur Rós bleiben für die Mehrheit der alternativen Community interessant ob ihrer Herkunft und ihrer immer noch währenden Aura des Unentdeckten, Puren und Natürlichen. All das gibt es aber nicht, und Sigur Rós vermitteln auch nur Bilder desselben. Ihre Bilder, die nun schon seit zwei regulären Alben, einer Compilation und mehreren Singles immer gleich aussehen. Die minimale Veränderung im Sound lässt Sigur Rós vielleicht einen kleinen Schritt vorausgegangen sein, aber den "anderen" Weg haben sie noch nicht wirklich beschritten. Das neue Material für das Album wurde komplett in 2008 geschrieben, aufgenommen und abgemischt. Und innerhalb eines Monats nach Fertigstellung veröffentlicht. So vielleicht die grobe Übersetzung eines Teils des Albuminfos. Das klingt für mich nicht nach neuer Herangehensweise, auch wenn sie vorher nicht so gearbeitet haben. Sollte die vorherige Arbeitsweise, sich für alles viel mehr Zeit zu lassen, etwa falsch gewesen sein? Was ist denn mit den guten Kritiken für "Takk"? Was war denn daran falsch? Das Schreiben und Aufnehmen beschreibt nur den Ausübungsprozess der Kreativität. Aber wie ist sie entstanden? Und wo war sie in der Zeit vor 2008? Vielleicht werden im Rückblick die Alben "Takk" und “Með Suð Í Eyrum Við spilum Endalaust” als Übergangs- und Selbstfindungsalben erscheinen, wenn sie im Licht der nachfolgenden Werke stehen. Aber vielleicht gehen Sigur Rós auch bald andere oder getrennte Wege. Die Fangemeinde wird sie nicht im Stich lassen, die Kritiker wohl auch nicht. Ich fühle mich ratlos angesichts meiner fehlenden Fähigkeiten, die Qualitäten dieses Albums zu erfassen. Aber vielleicht fehlt mir auch das Verständnis für die wenigen guten Momente, wenn sie vom Gesamtbild zerstört werden. Interessante Musik kann im Moment nur an anderen Orten geschehen, in anderen Proberäumen, in anderen Szenen, in anderen inneren Motiven fürs Musikmachen. Das Aufrechterhalten eines Turms scheint es mir bei Sigur Rós zu sein, das Voranschreiten ist dort nicht zu hören.
Voller Widersprüche sind diese Worte und voller Widersprüche sind auch die Empfindungen Musik betreffend. Ich spüre sehr oft, ich "muss" etwas schreiben. Ich "muss" eine Rezension über dies oder jenes Album schreiben. In ganz speziellen Fällen verwehren sich jede Worte. Thom Yorkes "The Eraser" ist so eins und wird es wohl auch bleiben. Meistens wird der Rahmen, den ich aufmachen möchte, so groß, dass ich es nicht schaffe; ich breche beim Aufstieg zusammen. Bei der Portishead-Rezension scheint es mir so zu gehen (auch bei "There will be blood"). Aber bei “Með Suð Í Eyrum Við spilum Endalaust” geht es mir nicht so. Es gibt hier keine Berge mehr zu erklimmen, keine Abenteuer mehr zu erleben oder auch keine Sehenswürdigkeiten zu bestaunen. Was die Single "Gobbeldigook" versprach, kann das Album nicht annähernd halten. "Gobbeldigook" war das Land-in-Sicht, nachdem Sigur Rós sich auf den Gewässern der schwebenden Strukturen verloren hatten. Aber das Album holt den Hörer zurück. Ich kam am Anfang deshalb auf die Rezensenten zu sprechen, weil ich so viel Verschiedenes gelesen habe. Spielfreude las ich und höre selbst aber so eine Art vollendetes Schweben, eine endgültige Statik, wo gar nicht mehr gespielt wird sondern nur noch sein gelassen wird. Sigur Rós haben Angst vor ihren Instrumenten und auch vor ihrem Talent bekommen. Statt dessen verlassen sie sich auf die Dinge, die sie - durch die Musik kommend - umgeben. Ihre Studios, Studios überhaupt, Tourneen. Eine Distanz zu all dem wollten sie durch "Heima" beschreiben, beschreiben aber doch nur, dass sie nicht davon los kommen. Sie hatten genug von den großen Tourneen und wollten im Kleinen in ihrer Heimat touren. Aber diese Distanz ist noch nicht geschaffen. Man kann sie nicht herstellen, in dem man wieder etwas Neues (Album, Film) erschafft. In dem Moment, in dem die Band über die Distanz redet, ist sie noch nicht da, ist man immer noch nahe dran. Nach "( )" war es einfach mit dem unbeschwerten Musikmachen vorbei, und das kann man hören und spüren.
Zum neuen Album war auf der Webseite zu lesen:
"inspired by the unfettered feeling of the acoustic performances filmed during heima, sigur rós decided to adopt a looser approach in the writing and creation of með suð. the material for the album was written, recorded and mixed entirely in 2008 and is being released just one month after its completion. the album glows with the perfect imperfection of live takes, the sounds of fingers playing guitar strings, cracked notes, and a stark, upfront presence not found in previous sigur rós recordings, moving away from reverb-soaked guitar sounds towards something altogether more affecting. the record also contains some of the most joyous music the band has ever recorded."
http://www.sigur-ros.co.uk/band/disco/medsud.php
Es ist bezeichnend, diese Worte voraus zu schicken. Man möchte der Kritik vorausgreifen, die vielleicht auf Sigur Rós eingehen würde. Es wird darüber geschrieben, wie echt und wodurch echt die neuen Songs echt und gut klingen. Als könnte man es nicht hören. Und das kann man leider auch nicht. Was im obigen Text beschrieben wird, kann man bei "Gobbeldigook" oder bei "Ilgresi" hören, vielleicht auch bei "Inni Mer Syngur Vitleysyngur". Die beiden Monstren "Festival" und "Ara Batur" spülen aber all dies wieder hinfort. Auch "Godan Daginn" und "Sud I Eyrum" tun ihr übriges. Diese vier Songs könnten Outtakes der "Takk"-Sessions sein. Gleiche Sounds, gleich Singlaute immer wieder gleiche Rhythmen, immer wieder gleiche Soundräume.
Zumindest könnte man Sigur Rós ein Bewusstsein ihrer Transzendenz gutschreiben. "Festival" endet mit der in einer niedrigen Kilohertzzahl gepfiffenen Melodie des Songs, das Skelett des Liedes, das sich so schön anhört, vorher aber von einer riesigen "Zuckerwatte"* eingewattet wird. Sigur Rós bleiben für die Mehrheit der alternativen Community interessant ob ihrer Herkunft und ihrer immer noch währenden Aura des Unentdeckten, Puren und Natürlichen. All das gibt es aber nicht, und Sigur Rós vermitteln auch nur Bilder desselben. Ihre Bilder, die nun schon seit zwei regulären Alben, einer Compilation und mehreren Singles immer gleich aussehen. Die minimale Veränderung im Sound lässt Sigur Rós vielleicht einen kleinen Schritt vorausgegangen sein, aber den "anderen" Weg haben sie noch nicht wirklich beschritten. Das neue Material für das Album wurde komplett in 2008 geschrieben, aufgenommen und abgemischt. Und innerhalb eines Monats nach Fertigstellung veröffentlicht. So vielleicht die grobe Übersetzung eines Teils des Albuminfos. Das klingt für mich nicht nach neuer Herangehensweise, auch wenn sie vorher nicht so gearbeitet haben. Sollte die vorherige Arbeitsweise, sich für alles viel mehr Zeit zu lassen, etwa falsch gewesen sein? Was ist denn mit den guten Kritiken für "Takk"? Was war denn daran falsch? Das Schreiben und Aufnehmen beschreibt nur den Ausübungsprozess der Kreativität. Aber wie ist sie entstanden? Und wo war sie in der Zeit vor 2008? Vielleicht werden im Rückblick die Alben "Takk" und “Með Suð Í Eyrum Við spilum Endalaust” als Übergangs- und Selbstfindungsalben erscheinen, wenn sie im Licht der nachfolgenden Werke stehen. Aber vielleicht gehen Sigur Rós auch bald andere oder getrennte Wege. Die Fangemeinde wird sie nicht im Stich lassen, die Kritiker wohl auch nicht. Ich fühle mich ratlos angesichts meiner fehlenden Fähigkeiten, die Qualitäten dieses Albums zu erfassen. Aber vielleicht fehlt mir auch das Verständnis für die wenigen guten Momente, wenn sie vom Gesamtbild zerstört werden. Interessante Musik kann im Moment nur an anderen Orten geschehen, in anderen Proberäumen, in anderen Szenen, in anderen inneren Motiven fürs Musikmachen. Das Aufrechterhalten eines Turms scheint es mir bei Sigur Rós zu sein, das Voranschreiten ist dort nicht zu hören.
14.08.2008, 11:32
/ Musik
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Wolf Parade "Language City", ab 3:57 mit der Entwicklung des Songs, der auf diesen unglaublichen Schluss hinführt.
04.08.2008, 20:41
/ Musik
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