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Tocotronic veröffentlichen mit dem neuen Album Die Unendlichkeit einen unwiderstehlichen Soundtrack zum Widerstand der Welt vor 25 Jahren. Das ist charmant, entspannt und besitzt unterschwellige Sprengkraft.

Tocotronic – Die Unendlichkeit: unendlich charmant
Wenn Tocotronic eins in den letzten 15 Jahren nicht waren dann entspannt. Seit Pure Vernunft darf niemals siegen 2005 versuchten sie, mir etwas beizubringen. So empfand ich jedes einzelne Album mit ein paar wenigen Ausnahmen an Songs. Das hat sich mit dem neuen Album erledigt. Tocotronic gehen hier einen ganz anderen Weg: Autobiografische Geschichten der Bandmitglieder der letzten 30 Jahre strahlen bis in die Gegenwart und eröffnen alten und neuen Hörern vor allem die Möglichkeit, sich selbst ein Bild der Vergangenheit zu machen. Warum das für die Gegenwart relevant ist? Tocotronic sind bis heute schöpferisch tätig geblieben, schreiben Songs und gehen auf Tour. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Das, was Tocotronic damals verkörpert hat, gab viele Versprechen für den Indie-Bereich ab. Gehalten wurden davon wenige. In der damaligen Zeit nahm man es mit Sellout und Authentizität extrem ernst. Bevor es durch das Internet extrem leicht wurde, seine Stimmen und Klänge zu verbreiten. Wer sich da für einen zuerst unnachvollziehbaren Richtungswechsel wie bei K.O.O.K. entschied, musste viel Mut und eine eigene künstlerische Vision mitbringen. Aber von da an ging es auch ein bisschen verkrampft bei Tocotronic zu. Die Band sprach zu mir als Fan, nicht mehr mit mir. Das stieß mich ab. Vom aristotelischen Theater der Einfühlung zum epischen Theater der sichtbaren Äußerlichkeiten. Aber das war nicht stringent genug durchgezogen.

Alles anders auf Die Unendlichkeit. Mehr einfache Struktur, weniger Drama, mehr Zugang, geöffnete Türen, man kann mit Sänger Dirk wieder mitgehen. Bedeutende deutschsprachige Musik. Puh, so eine Bürde und so eine Bedeutung, da schläft man am liebsten gleich ein. Aber auf Die Unendlichkeit ist das mit der Leichtigkeit rundum gelungen. Produziert ist das Album „solide“. Es gibt bei Tocotronic eh nie das, was man die Loudness Wars nennt, aber leider schillern wenige Songs so wie der Opener, das ist schade. Allein die dem Album gleichnamige Single „Die Unendlichkeit“ ist unschlagbar was die Erschaffung eines wundervoll großen Klangraums angeht. Auf „Bis uns das Licht vertreibt“ funktioniert das auch sehr gut. Allein – zum Glück gibt es hier keine reine Funktion. Das neue Tocotronic hat Charme. Die Unendlichkeit ist viel zu attraktiv um zu widerstehen.