Wieso war ich eigentlich seit fast zehn Monaten nicht mehr im Kino? Seit gestern weiß ich es wieder, denn gestern war ich wieder im Kino. Dazu muss man vorab sagen, dass es keine normale Kinovorstellung war. Es war die Vorführung - so möchte ich es mal nennen - eines Films im Rahmen einer Vorlesung (erst Film, dann gleich im Anschluss die Vorlesung), also studentische Preise, studentisches Kino und studentische Studenten. Mit diesem Rahmen schmeißt das Publikum dann auch jegliche Kino-Etikette über den Haufen. Nicht, dass es so eine offiziell gäbe, in irgendeinem Buch eines coolen jungen hippen Medienheini verewigt. Aber was hat dieser Rahmen auf sich, dass sich so viele wie Rotzlöffel aufführen? Ich sehe da allerdings auch keinen großen Unterschied zu anderen Kinobesuchen. Und ich kann ja nicht immer auf dem Platz sitzen, in dessen Umkreis sich die rotzlöffeligsten Gören und Bengel aufhalten. Vor dem Film: neben mir jemand, der die obligatorische offene Bierflasche dabei hat, die die Umgebung vollstinkt, und die natürlich auf den Boden gestellt umkippt, klirrt und sich ergießt. Während des Films: ein Bengel hinter mir, der dauernd fragt: "Was heißt denn somnambul?" Dann ereifert er sich in Ohs und Ahs, lacht und redet viel zu laut. Wie eben zuhause auf dem Sofa. Auf kleinem Rahmen gedrängt, muss man sich eben im Kino entsprechend seinen Mitzuschauern verhalten und denen so wenig Freiheit nehmen wie möglich. Nach dem Film: neben mir ein Mädchen, dass sich, dem Ende der Vorlesung nähernd, aus einer offenen Tupperdose, viel zu groß geschnitte Melonenstücke in den Rachen schiebt. Mit dieser Bewegung, den Kopf in den Nacken legen, die Melone, die natürlich vom Saft ganz saftig ist und tropft, mit den Fingerspitzen herausfischen und dann halb schlürfend halb sabbernd in den Rachen gleiten lassen, so dass einem schon von der Beobachtung aus den Augenwinkeln schlecht wird. Und dann noch schmatzen. So als säßen wir in der Mensa und nicht in einem Kinosaal. Und das ab jetzt jede Woche. Gute Nacht.
11.10.2007, 20:45
/ Im Kino (gewesen)
Hififi äußerte am 30. Okt, 17:55:
Mich hat der Film, als ich ihn das erste Mal sah, dermaßen umgehauen, dass ich von meiner Umwelt überhaupt nichts mehr mitbekommen habe. Wie du, auch in der Uni, unter ähnlichen Umständen. Das zweite Mal im Kino mit einem Streichquartett, welches den Film begleitete, und wieder, absolute Schockstarre. Ich gehe einfach mal davon aus, dass sich dort die Leute ruhig verhalten haben, aber ich weiß es einfach nicht. Ich habe so manchen Lieblingsfilm, aber dieser ist eigentlich DER ultimative.
Kleine Terz antwortete am 30. Okt, 22:57:
Und die einem heutigen Rezipienten gar nicht so geläufige Machart stört dich da gar nicht und lenkt dich auch nicht ab?
Hififi äußerte am 31. Okt, 18:37:
Nein, eher im Gegenteil. Die Filme der Weimarer Republik sind für mich gerade dadurch so interessant, das sie mit nichts zu vergleichen sind und nicht nur deshalb, weil sie stumm sind. In diesem Fall sind es beispielsweise die gemalten Kulissen, die das ganze Szenario so mysteriös und so besonders machen. Na ja, das der Film auch sonst in allen Bereichen völlig skurill ist, darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten. Ich habe generell ein Faible für Filme der 20er und 30er Jahre und wahrscheinlich deshalb habe ich mich an diese Art der Ästhetik gewöhnt.
Kleine Terz antwortete am 31. Okt, 19:39:
Mir hat der Film auch sehr gefallen, jedoch muss ich über die Machart ob meiner Hollywood-Sozialisation drüber steigen.