Michel kenne ich seit Ewigkeiten, er ist sowas wie mein bester Kumpel - sieht man von gelegentlichen Streits um gemeinsame Freundinnen ab. Vielleicht brauchte ich doch einen Eimer, schliesslich war der gestrige Abend etwas heftiger als gewohnt, selbst für meine Verhältnisse...
Das Aspirin begann zu wirken. "Danke, Michel, du hast mir wieder mal das Leben gerettet." Michel freute sich immer, wenn er jemand mit seinen geflissentlich im Voraus besorgten Medikamenta aushelfen konnte. "Was sollte diese Frage eigentlich, von wegen, ob Nadine sauer ist? Es hat doch jeder den Streit gestern mitbekommen". Ich kann es nicht ausstehen, wenn Menschen indirekte Fragen stellen und sich dann eine direkte Antwort erwarten. Jetzt musste Michel in die Offensive gehen, mein schelmisches Grinsen dabei konnte ich mir kaum unterdrücken. "Seit wann geht das schon mit Lisa?" Ja, dann erzählte ich ihm the-whole-story, die ersten Treffen mit Laura, das ständige Belügen meiner langjährigen Freundin Nadine und schliesslich, warum sie es gestern erfahren hat. Dass ich sie dann auch noch in meinem Suff total abgeschasselt habe, ist sowieso eine andere Geschichte. Wie kann Michel denken, dass sie wegen meiner Alkoholexzesse sauer war?
"Verdammte Weibergeschichten. Machen immer alles zunichte. Wie kann ich wissen, dass Laura mit Jenny in dasselbe Proseminar geht?" - "Sei froh, dass das endlich ein Ende hat!". Michel hat mich überhaupt nicht verstanden. Für mich ist das essenziell, ich will nicht meine langjährige Beziehung wegen so einer Geschichte aufgeben. "Ich werde losziehen - richte Jenny aus, sie kann mich mal!".
Natürlich war Michel sauer, dass ich ihm nicht beim Aufräumen geholfen habe, ist schliesslich Ehrensache. Doch ich bin mehr vor einer weiteren Konfrontation geflüchtet. Auf dem Weg nachhause fiel mir plötzlich ein,